Die Richtlinie zur Pflegebegutachtung des Medizinischen Dienstes wurde überarbeitet. Eine telefonische Pflegebegutachtung ist nun in bestimmten Fällen möglich. Es kommt auf die Art des Gutachtens an.

 

Gutachten durch Telefoninterview

Wird die Pflegebegutachtung durch ein strukturiertes Telefoninterview vorgenommen, dann erfolgt dies grundsätzlich auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Unterlagen zur antragstellenden Person. Auch Angaben und Auskünften, die bei der antragstellenden Person, Angehörigen und sonstigen auskunftsfähigen Personen einzuholen sind, gehören zur Begutachtung.

Die Pflegebegutachtung kann auch ohne Untersuchung durchgeführt werden, wenn

  1. aufgrund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis der medizinischen Untersuchung bereits feststeht oder
  2. bei einer Krisensituation von nationaler Tragweite oder, bezogen auf den Aufenthaltsort des Versicherten, von regionaler Tragweite der Antrag auf Pflegeleistungen während der Krisensituation gestellt wird oder ein Untersuchungstermin, der bereits vereinbart war, in den Zeitraum einer Krisensituation fällt

Aufenthaltsort des Versicherten, von regionaler Tragweite der Antrag auf Pflegeleistungen während der Krisensituation gestellt wird oder ein Untersuchungstermin, der bereits vereinbart war, in den Zeitraum einer Krisensituation fällt. (§  18a Absatz 2 Satz 5).

Der Wunsch der antragstellenden Person muss hierbei berücksichtigt werden. Möchte diese lieber eine Begutachtung in der Häuslichkeit, muss der Medizinische Dienst dem folgen. Der Medizinische Dienst muss über das Wahlrecht informieren, er kann dies im Rahmen der Terminabsprache tun.

Die Wahl der Begutachtung wird im Gutachten dokumentiert.

 

Dennoch sind für die telefonische Pflegebegutachtung ein paar Voraussetzungen zu beachten:

So steht in der Richtlinie des Medizinischen Dienstes Bund zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit folgendes:

Eine Begutachtung mit strukturiertem Telefoninterview kann nur unter folgen den Voraussetzungen und in folgenden Fallkonstellationen im ambulanten und stationären Bereich erfolgen:
→ Höherstufungs- und Wiederholungsbegutachtungen ab dem vollendeten 14. Lebensjahr.

Die Gutachterinnen und Gutachter bewerten in diesen Fällen, ob das strukturierte Telefoninterview für eine Begutachtung aus fachlicher Sicht geeignet ist.
Insbesondere in folgenden Fallkonstellationen ist die Durchführung eines Telefoninterviews kritisch zu prüfen:
→ alleinlebende Personen mit einer diagnostizierten dementiellen Erkrankung oder erheblichen kognitiven Beeinträchtigungen,
→ alleinlebende Personen mit psychischen Erkrankungen, sofern ein Hausbesuch für sie keine untragbare Belastung darstellt,
→ Personen mit seltenen chronischen Erkrankungen.

Darüber hinaus prüfen die Gutachterinnen und Gutachter im Einzelfall, ob eine Begutachtung mit strukturiertem Telefoninterview in Anwesenheit einer Unterstützungsperson durchführbar ist. Bei antragstellenden Personen
→ mit kognitiven und kommunikativen Beeinträchtigungen,
→ mit psychischen Problemlagen,
→ bei denen eine sprachliche Verständigung mit der Gutachterin beziehungsweise dem Gutachter schwierig oder nicht möglich ist,
→ sowie bei Jugendlichen zwischen dem vollendeten 14. und unter dem 18. Lebensjahr
kann eine Begutachtung aufgrund eines strukturierten Telefoninterviews nur durchgeführt werden, wenn die Anwesenheit einer Unterstützungsperson gewährleistet ist.

Eine Begutachtung durch ein strukturiertes telefonisches Interview ist ausgeschlossen, wenn

  1. es sich um eine erstmalige Untersuchung der antragstellenden Person handelt, in der geprüft wird, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt,
  2. es sich um eine Untersuchung aufgrund eines Widerspruchs gegen eine Entscheidung der Pflegekasse zum festgestellten Pflegegrad handelt,
  3. es sich um eine Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, handelt,
  4. die der Begutachtung unmittelbar vorangegangene Begutachtung das Ergebnis enthält, dass Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Absatz 1 SGB XI nicht vorliegt oder
  5. das Vorgutachten nach Hausbesuch bei antragstellenden Personen, die in der häuslichen Umgebung versorgt werden, älter als 36 Monate ist.
  6. aus fachlicher Sicht diese Begutachtungsart nicht geeignet oder eine danach erforderliche Unterstützungsperson nicht anwesend ist, oder
  7. die antragstellende Person trotz des Vorliegens der Voraussetzungen diese Begutachtungsart ablehnt.

Quelle: Richtlinie des Medizinischen Dienstes Bund zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches, Nov. 2023

 

Wer mehr zu den unterschiedlichen Pflegebegutachtungsarten durch den Medizinischen Dienst erfahren möchte, lese bitte hier >>> unter Pflegeberatung nach.

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