Seit längerer Zeit ist die Digitalisierung im Pflegebereich im Gespräch. Doch bisher kam wenig Neues aus der Politik. Doch was möchte die Bundesregierung und welche Digitale Projekte in der Pflege finanziert derzeit der GKV-Spitzenverband?
Koalitionsvertrag der Bundesregierung
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es zur Digitalisierung: „Deutschland braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch. Wir wollen das Potenzial der Digitalisierung für die Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen, für Wohlstand, Freiheit, soziale Teilhabe und Nachhaltigkeit nutzen.“
Und unter dem Schwerpunkt Pflege ist im Koalitionsvertrag zu finden: „Wir ermöglichen Innovationen und treiben die Digitalisierung voran. Grundlage für all dies ist eine auf lange Sicht stabile Finanzierung des Gesundheitswesens und der Pflege.“
Defizite in den Kassen
Nun ja, wir wissen, die Kranken- und Pflegekassen müssen vom Bund unterstützt werden. Im Jahr 2022 gibt es Rekordwerte, der Bundeszuschuss zur Gesetzlichen Krankenversicherung wird mit 28,5 Milliarden Euro beziffert. Auch die Soziale Pflegeversicherung wird 2022 erstmals einen jährlichen Steuerzuschuss von zunächst 1 Milliarde Euro erhalten.
Die Beiträge in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) werden, so die Bundesregierung, moderat angehoben. Der Beitragszuschlag wurde für Kinderlose bereits zum 1. Januar 22 um 0,1 Prozentpunkte in der SPV angehoben. Ob die Bundeszuschüsse reichen werden?
Sind noch Gelder für weitere Digitalisierungsprojekte übrig?
Wohl kaum, denn der Bundesgesundheitsminister hat bereits angekündigt, dass es für die finanziell angeschlagene Pflegeversicherung „in Kürze“ einen Reformvorschlag vorlegen werde, der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung anheben wird und es ein weiteres Digitalisierungsgesetz geben soll.
Modellförderung durch den GKV-Spitzenverband
In den letzten Monaten wurden drei Projekte in die Modellförderung des GKV-Spitzenverband aufgenommen, in denen digitale Verfahren erprobt und evaluiert werden. Die Versorgung Pflegebedürftiger soll hierbei in der häuslichen wie vollstationären Umgebung verbessert werden.
Folgende digitale Projekte in der Pflege werden gefördert:
Musik für Demenz
Das Projekt „Individualisierte Musik für Menschen mit Demenz“ wurde bereits erfolgreich für den stationären Bereich evaluiert. Die Musik-Intervention für Demenzkranke wird in Form einer App, die IMuD-App, angeboten. Mithilfe der individuellen Lieblingsmusik sollen die Lebensqualität von Menschen mit Demenz, das Wohlbefinden sowie das soziale Miteinander der Erkrankten und der Pflegenden verbessert werden. Per Tablet kann die Lieblingsmusik jederzeit abgespielt werden. Dadurch sollen positive Erfahrungen und hiermit assoziierte Emotionen ausgelöst werden.
Verbesserung des Schmerzmanagements
Das Projekt „ACHE Intervention“ hat einen Förderzeitraum vom 01.07.2021 – 30.06.2024.
Zur Zielgruppe gehören ältere Pflegebedürftige mit chronischen Schmerzen, die durch ambulante Pflegedienste allerdings im Raum Berlin versorgt werden, optional kombiniert mit Unterstützung durch pflegende Zu- und Angehörige. Zu den Einschlusskriterien gehören Schmerzbetroffenheit seit mindestens 3 Monaten, Alter ≥65 Jahre, Auskunftsfähigkeit (MMSE von ≥18) und Pflegebedürftigkeit laut SGB XI.
Digitale Assistenz bei Inkontinenz
Harn- und Stuhlinkontinenz führt zu einer Belastung für Betroffene. Die Lebensqualität ist Beeinträchtigt, denn die Inkontinenz ist aus nachvollziehbaren Gründen mit einer hohen Scham verbunden. Das Selbstwertgefühl der Betroffenen verringert sich zunehmend, weil sie ihre Harn- und Darmentleerung nicht mehr selbst kontrollieren können.
Im Fokus des Projektes „Digitale Assistenzsysteme zur Inkontinenzversorgung pflegebedürftiger Personen“ mit dem Förderzeitraum 1.3.2022 – 29.2.2024, stehen Untersuchungen zur gezielten Anwendung von Inkontinenzprodukten für Urin und Stuhl.
Quellen:
Koalitionsvertrag SPD/Grüne/FDP
GKV-Spitzenverband: Modellprojekte