Schlau gedacht? Wie sinnvoll ist die Heimplatzreservierung?

Der Gesetzgeber möchte, dass die private Pflegeversicherung und die soziale – also gesetzliche – Pflegeversicherung gleich gestellt ist. Niemand soll bevorzugt werden.

Da immer mehr Pflegeeinrichtungen zum betriebswirtschaftlichen Denken und Handeln angeregt werden, zuletzt nicht durch spezielle Kurse von Marketern, könnte durchaus die Gleichbehandlung bei der Platzvergabe eines Heimplatzes in  Form einer Heimplatzreservierung, ausgehebelt werden.

 

Heimplatzreservierung, warum auch nicht!?

Wer ein Zimmer in einem Hotel reserviert, der darf auch dafür zahlen, wenn er nicht anreist oder verspätet – je nachdem, was zwischen den Parteien vereinbart wurde. Wer Pech hat, dessen Zimmer wurde bei zu später Anreise vielleicht auch einem anderen Hotelgast überlassen. So könnte ja auch die Idee entstehen, wenn ein Senior, eine Senioren in eine stationäre Pflegeeinrichtung einziehen möchte, dass der Heimplatz reserviert wird. Für die Heimplatzreservierung mit Zusicherung auf diesen Platz, wird dann ein Entgelt erhoben. Leerstände sind eben teuer und eine hohe Auslastung ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht ja auch nicht verkehrt.

So dachte wohl auch eine Senioreneinrichtung bei einer Seniorin die in der privaten Pflegeversicherung versichert ist. Vielleicht wurde auch überlegt, dass ja Privatversicherte ein betriebswirtschaftliches Denken auch eher akzeptieren. Also dachte sich die Senioreneinrichtung das der Pflegesatz ja Anteilig erhoben werden könnte. Somit wurde das Entgelt für die Unterkunft und die Verpflegung sowie die Investitionskosten als Gesamtheimentgelt schon mal in Rechnung gestellt – und zwar so wie das Sozialgesetzbuch dies auch vorsieht. Und damit das auch stimmiger aussieht, wurde der Pflegevertrag mit der künftigen Bewohnerin von der Unterzeichnung des Vertrages, also der Vertragsbeginn 15. Februar, bis zum tatsächlichen Einzugstermin 28. Februar, eine Reservierungsgebühr in Höhe von 75% der Gesamtkosten von 1.127,84 € in Rechnung gestellt. Die Rechnung wurde auch von ihr bezahlt.

13 Tage Leerstand werden damit finanziell überbrückt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch schlau gedacht.

 

Was sagt das Sozialgesetzbuch

Im Sozialgesetzbuch XI heißt es u.a. im § 87a zur Berechnung und Zahlung des Heimentgelts, dass „die Pflegesätze, die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie die gesondert berechenbaren Investitionskosten (Gesamtheimentgelt) werden für den Tag der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim sowie für jeden weiteren Tag des Heimaufenthalts berechnet (Berechnungstag).“ „[…] abweichende Vereinbarungen zwischen dem Pflegeheim und dem Heimbewohner oder dessen Kostenträger sind nichtig.“

 

Pech gehabt!

Betriebswirtschaftliche Denke hin oder her. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juli 2021 entschieden, ob eine Platz-/Reservierungsgebühr, die einem privatversicherten Pflegebedürftigen für die Zeit vor dem tatsächlichen Einzug in das Pflegeheim berechnet wurde, zurückerstattet werden muss. Und ja, sie muss!

Die Begründung: „Es ist mit § 87a Abs. 1 Satz 1 SGB XI unvereinbar, eine Platz- oder Reservierungsgebühr auf der Basis des vertraglichen Leistungsentgelts – gegebenenfalls vermindert um pauschalierte ersparte Aufwendungen – für die Zeit vor der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Einzugstermin vertraglich festzulegen. Dies widerspräche nicht nur dem Prinzip der Abrechnung der tatsächlichen Leistungserbringung auf Tagesbasis, sondern begründete auch die (naheliegende) Gefahr, dass Leerstände im Anschluss an einen Auszug oder das Versterben eines Heimbewohners doppelt berücksichtigt würden, nämlich zum einen über die in die Pflegesätze eingeflossene Auslastungskalkulation und/oder etwaige Wagnis- und Risikozuschläge und zum anderen über die zusätzliche Inrechnungstellung eines Leistungsentgelts ohne tatsächliche Leistungserbringung gegenüber einem zukünftigen Heimbewohner.“

Also lieber in das Sozialgesetzbuch schauen. Denn neben der Rückzahlung der Reservierungsgebühren kommen nun noch Anwalts- und Gerichtkosten hinzu.

Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine juristische Beratung dar!

>>> Urteil des III. Zivilsenats vom 15.7.2021 – III ZR 225/20 –