Der Fall des Krankenhaus-CIRS-Netz zeigt auf, dass es immer wieder im Rahmen der Medikationssicherheit zu Medikationsdiskrepanzen bei Behandlungsübergängen nach der Krankenhausentlassung gibt. Ein systematischer Medikationsabgleich vor der Entlassung aus dem Krankenhaus ist zur Vermeidung von Medikationseinnahmefehlern sehr wichtig.

In einem Fall hatte eine Patientin den Krankenhausentlassungsbrief und einen Medikationsplan, beide Dokumente stimmten nicht überein. Die Patientin hielt sich an die Medikation nach dem Krankenhausentlassungsbrief des Arztes und nahm entsprechend die Medikamente ein. Auf dem Arztbrief des Krankenhauses fehlte ein Teil der notwendigen Immunsuppressiva, was zur Folge hatte, dass die Patientin bei Zustand nach Transplantation zunächst eine viel zu geringe Immunsuppression einnahm. Die Korrektur erfolgte durch den Hausarzt. (Cirs-Netz Berlin, Fall des Monats März 2017)[1] Die Schweizer veröffentlichten einen Fall einer 80-jährigen Frau, die einen Alphablocker einnahm und diese Medikation während es Krankenhausaufenthaltes abgesetzt wurde. Das wurde jedoch nicht in der Akte dokumentiert und im Krankenhausentlassungsbrief des Arztes auch nicht festgehalten. Der Hausarzt verordnete weiterhin das Medikament, die Patientin entwickelte eine Hypotonie mit signifikantem Blutdruckabfall![2] (Patientensicherheit Schweiz)

 

Medikationssicherheit durch systematischen Medikationsabgleich

Damit der systematische Medikationsabgleich gut gelingt, ist bereits vor der Aufnahme des Patienten ein aktueller Medikationsplan wichtig. Diese prästationäre Medikation und die aktuelle Krankenhausmedikation sind vor der Krankenhausentlassung von Ärzten zu prüfen. Sollte sich die Medikamenteneinnahme nach der Krankenhausentlassung für den Patienten ändern, dann ist der Medikationsplan entsprechend aufzustellen. Deshalb sollte der systematische Medikationsabgleich vor der Krankenhausentlassung auch die Aktualisierung des Medikationsplans bereits bei <3 Medikamenten angepasst werden,  auch wenn der Gesetzgeber es anders geregelt hat. Besonders wichtig sind das Gespräch des Krankenhausarztes mit dem Patienten zur anstehenden Entlassung zur weiteren Einnahme von Medikamenten sowie die rechtzeitige Information an den weiterbehandelnden Arzt. Dieser ist auch über Veränderungen gegenüber der prästationären Medikation und die Gründe für die Veränderungen rechtzeitig zu informieren.

 

Verordnung von Häuslicher Krankenpflege ist im Rahmen des Krankenhausentlassungsmanagements möglich, Medikationssicherheit gewährleisten

Haben Sie auch einen Angehörigen der Medikamente verordnet bekommen hat und an einer hochgradigen Einschränkung seiner Sehfähigkeit leidet? Er ist so eingeschränkt in seiner Sehfähigkeit, sodass es ihm unmöglich ist seine einzunehmenden Medikamente zu unterscheiden bzw. die verordnete Dosis vom Arzt nicht selber festlegen kann?  Kennen Sie jemanden der eine erhebliche Einschränkung der Grob- und Feinmotorik der Arme hat, sodass er die Medikamente nicht in den Mund führen kann?

 

Die Gabe von Medikamenten ist verordnungsfähig

Die Gabe von Medikamenten ist unter bestimmten Voraussetzungen verordnungsfähig. Ein Vorgabe hierzu ist in der Häuslichen Krankenpflegerichtlinie (HKP) des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Anlage zur HKP zu finden. Wichtig ist, dass der Arzt angibt, welche Einschränkungen vorliegen.

 

Krankenhausärzte dürfen auch Häusliche Krankenpflege (HKP) verordnen – Bundesweite Medikamentenplan ist wichtig!

Verordnet nun der Krankenhausarzt im Rahmen der Entlassung des Patienten aus dem Krankenhaus über die HKP-Richtlinie die Gabe von Medikamenten, dann ist nicht alles auf der Verordnung eindeutig erkennbar. Es wird zwar auf die einzelnen Medikamente sowie die Dauer und Häufigkeit der Einnahme hingewiesen, aber eben nicht auf die Dosierung, Art und Zeitpunkt der Einnahme oder sonstige Einnahmevorgaben wie beispielsweise vor oder nach dem Essen oder zeitliche Abstände zu anderen Medikamenten. Um diese Informationen zu erhalten, ist der Bundesweite Medikationsplan des Patienten, der vom Arzt ausgestellt wird, enorm wichtig um die Medikationssicherheit zu gewährleisten. Dieser sollte dem Patienten mitgegeben werden, damit die häusliche Krankenpflege die Medikamentengabe sicherstellen kann.

Die verordnete Medikation des Krankenhausarztes wird dem Vertragsarzt/Hausarzt durch den Arztbrief mitgeteilt, somit entsteht keine Informationslücke.

 

Arzneimittelgabe sicherstellen

Das, was der Krankenhausarzt an Medikamenten verordnet hat, kann der Vertragsarzt bzw. der Hausarzt jederzeit ändern.

Wie aber bekommt die Änderung der häusliche Krankenpflegedienst mit? Telefonisch? Per Fax? Durch Aussagen des Patienten oder eine erneute Verordnung des Hausarztes? Ist der Patient immer in der Lage, den vom Krankenhaus ausgedruckten Medikamentenplan dem Pflegedienst zu zeigen? Oder hat er diesen schlichtweg einfach vergessen mitzunehmen oder erinnert sich nicht mehr?

 

Compliance stärken

Eine digitale Patientenakte mit Zugriff aller Beteiligten wäre in diesen Fällen sehr sinnvoll. So könnte der häusliche Krankenpflegedienst über eine Änderung der Medikamentengabe automatisiert benachrichtigt werden, vorausgesetzt der Patient, die Patientin hat die Freigabe erlaubt.

Aber mal ehrlich, warum sollte er bzw. sie die Freigabe nicht geben?

Die Arzneimitteltherapiesicherheit geht alle an, stärken wir die Compliance der Patienten:innen, werden wir digital.

Hier geht es zur >>> HKP-RL des G-BA

[1] KH-CIRS-Netz, Fall Nr. 146164

[2] Stiftung Patientensicherheit Schweiz. Der systematische Medikationsabgleich  im Akutspital. Empfehlungen im Rahmen des nationalen Pilotprogramms progress! Sichere Medikation  an Schnittstellen. 2015.